Heimat vs. Fremde

„In der globalisierten Welt von heute ist Heimat kein Ortsbegriff mehr, sondern ein Zeitbegriff.“ Edgar Reitz

Heimatkunde / Die Fremden – Eine Ausstellungskooperation der FH Dortmund und der Hochschule der populären Künste, hdpk Berlin. Vernissage am 30.06.2017 Alte Bibliothek Zeitz

Max Rüthers Plüschhund Ansga

Dass Heimat in der Fremde und Zeitz als alte und neue Heimat für viele Studierende im Mittelpunkt stehen, wird durch einige Fotoarbeiten deutlich, die am 30.6. in der Alten Bibliothek zumeist einen dokumentarischen Blick in die Stadt Zeitz liefern. Zwei Arbeiten greifen zudem auf die digitale Repräsentanz der Zeitzer zurück, indem sie eine Dating-App und Instagram-Fotos von Zeitzern mit ihren eigenen Bildern verknüpfen. Ein wenig voyeuristisch mitunter, wird dadurch aber auch der Blick der Stadtbewohner mit eingeschlossen, was viel McDonalds-Content und doch recht große Kontaktbereitschaft offenbart. Viele Studierende wagten sich selbst mitten hinein in das soziale Gefüge der Stadt, machten Befragungen und Interviews und versuchten die Stimmung in Sachen Heimat und Fremde so zu erfassen. Max Rüthers schaffte es mit der Arbeit Ansga Ragentor, während der Projektwoche ständig in der Stadt mit Zeitzern ins Gespräch zu kommen. Seinen Plüschhund Ansga zog er auf einem fahrenden Brett hinter sich her, ließ ihn mittels Wasserpistole an Hauswände markieren und kam so leicht mit anderen Hundebesitzern und Passanten ins Gespräch. Seine Spaziergänge und die damit verbundenen Begegnungen hielt er auf Foto und Film fest.

Dass man Heimat mit nur 3 Worten gut beschreiben kann, zeigte Sebastian Knipp im 1. OG. Die Methode hatte er probeweise in einer anderen Stadt durchgeführt und konnte sie direkt auf Zeitz übertragen. So entstanden kleine Hörstationen in einem schmalen Raum im 1. OG der Bibliothek, die sympathisch und simpel eine ansprechende Darstellung des Themas boten.
Eine Studierendengruppe hatte es geschafft, Stadtraum wie Ausstellungsraum mit ihren Fragen und Kollagen zu pflastern und fragte somit im wahrsten Sinne des Wortes recht plakativ, sowohl Stadtbewohner wie auch Ausstellungsbesucher, wie sie sich zu
bestimmten Positionen äußern würden. Das Spiel mit den teils sehr privaten Fragen mitten im öffentlichen Raum führte zu einer mitunter interessanten Selbstbefragung, wenn auch der Zusammenhang nicht immer nachvollziehbar war.

Die Arbeit „Zeitz hören“ von Shanyu Gao und deren Präsentation war von beeindruckender Präzision und zeigte ein verhältnismäßig schönes Bild von Zeitz. „Kannst Du Dich an die Töne Deiner Heimat erinnern?“ fragt der aus China stammende Student
die Besucher und liefert ein Hörarchiv für Zeitz gleich mit. Die auf den selbst produzierten CD-Hüllen abgebildeten Fotografien sind ansprechend und wertfrei, zeigen die Stadt aber an markanten Orten. Die jeweils dazugehörigen Tonaufnahmen sind einfache
Momentaufnahmen an Straßenkreuzungen, auf dem Kloster Posa oder im Park. Insgesamt eine sehr schöne Arbeit, die in ihrer Ästhetik eine Abwechslung zumÜbrigen war. Die sehr gut besuchte Ausstellung der Studierenden aus Dortmund und Berlin bot eine
abwechslungsreiche Sicht auf die Themen Heimat und Fremde. Teilweise ist es erstaunlich, wie in wenigen Tagen so detaillierte Einblicke entstehen können.